Dresdner Bundestagskandidaten: Drei Herzen für Bürgerräte

16. September 2021

Die drei Dresdner Bundestagskandidaten Dr. Markus Reichel (CDU), Rasha Nasr (SPD) und Merle Spellerberg (Grüne) haben alle ein Herz für losbasierte Bürgerräte. Das wurde am Donnerstagabend auf einer digitalen Podiumsdiskussion deutlich. Gastgeber war der Fachverband Mehr Demokratie.

Nasr: Großer Fan von Bürgerräten

Sozialdemokratin Nasr outete sich als „großer Fan“ von Bürgerräten und kündete an, sie werde sich im künftigen Bundestag für die Institutionalisierung von Bürgerräten einsetzen. Mit Bürgerräten könnten die Menschen Empfehlungen erarbeiten. Diese seien zwar nicht verbindlich, aber so könnten Themen in den Bundestag eingebracht werden. Wichtig seien ihr klare Qualitätsstandards.

Spellerberg: Bevölkerung soll Bürgerräte auslösen können

Die Grüne Spellerberg sprach sich für Bürgerräte „von oben“ und „von unten“ aus. Sie will also, dass sowohl Parlament und Regierung einen Bürgerrat anstoßen können, aber auch die Bevölkerung selbst, zum Beispiel durch ein Bürgerbegehren. Spellerberg hofft, durch Bürgerräte Politik und Bevölkerung einander näher zu bringen. Dabei seien Bürgerräte ein „vernünftiges und hilfreiches Instrument“, wenn auch aus ihrer Sicht nicht das einzige.

Reichel: Offen für Bürgerräte, Vorfreude auf weitere Diskussionen

Christdemokrat Reichel sagte, er könne sich noch nicht eindeutig für Bürgerräte aussprechen, da es seine erste Diskussion zu diesem Thema sei. Doch zeigte sich offen dafür und freue sich auf Diskussionen in der neuen Legislaturperiode. Beim Thema Volksentscheid ist der Christdemokrat schon einen Schritt weiter: Er traue den Bürgern die sinnvolle Nutzung zu, auch auf Bundesebene, wo Volksentscheide bisher noch nicht möglich sind. Doch müsse eine Kultur dafür geschaffen werden. Seine beiden Mitdiskutanten waren, was Volksentscheide betrifft, ein wenig skeptischer.

Bevölkerung: Demokratiefreundliche Ossis

In den beiden Dresdner Wahlkreisen sprechen sich 61,3 respektive 64,1 Prozent der Wahlberechtigten für die Verankerung losbasierter Bürgerräte auf Bundesebene aus. Ja zu bundesweiten Volksentscheiden sagen 71,6 respektive 75,9 Prozent. Diese Zahlen stellte Moderator Jan Renner auf der Veranstaltung vor. Er bezog sich dabei auf eine Befragung des Instituts Civey, an der 20.000 Personen in ganz Deutschland teilgenommen hatten. Ein weiteres Ergebnis: Von 35 Wahlkreisen mit einer Zustimmung von 75 und mehr Prozent für bundesweite Volksentscheide liegen 34 in den fünf neuen Bundesländern.

Debatte über die Repräsentativität von Bürgerräten

Alle drei Kandidaten legten Wert darauf, dass künftige Bürgerräte die Bevölkerung auch tatsächlich repräsentativ widerspiegeln sollten. Ob Jung, ob alt, ob gebildet oder nicht, ob Migrationshintergrund oder keiner: ein Bürgerrat müsse die Bevölkerung widerspiegeln, tatsächlich ein „Mini-Deutschland“ sein, wie es in den Reihen von Mehr Demokratie heißt. Dabei unterbreiteten die drei potenziellen Abgeordneten auch konkrete Vorschläge, wie man Gruppen ansprechen könne, die bisher im demokratischen Diskurs eher unterrepräsentiert sind. Moderator Renner zeigte sich begeistert von dem Gedankenaustausch: „Ich habe heute ein paar echt coole Ideen mitgenommen“.

Bundesweite Diskussionsreihe zu Bürgerräten

Die Diskussion fand im Rahmen der bundesweiten „mittendrin mit Bürgerräten“-Reihe des Fachverbandes Mehr Demokratie statt. Die Reihe wird getragen von von 40 zivilgesellschaftlichen Organisationen, darunter der Bund der Steuerzahler, der Deutsche Naturschutzring, der Deutsche Städte- und Gemeindebund, die Diakonie Deutschland und Brot für die Welt. Mehr Demokratie wirbt für eine Modernisierung der Demokratie beispielsweise durch bundesweite Volksentscheide, ein neues Wahlrecht und eben auch losbasierte Bürgerräte. Die Aufzeichnung der Veranstaltung finden Sie auf dem Youtube-Kanal von Mehr Demokratie. Der Link: https://youtu.be/9qr8XGkofYM

Bürgerräte: Ausgelost werden, diskutieren, einen Kompromiss finden, empfehlen

Bürgerräte können strittige politische Fragen lösen und sie wurden auch in Deutschland erfolgreich erprobt. Die Mitglieder werden zufällig ausgelost. Sie lassen sich von Fachleuten beraten. Sie diskutieren. Und erarbeiten dann Empfehlungen an die Politik. Das funktioniert - selbst bei solch komplexen Themen wie Deutschlands Rolle in der Welt. Die bisherigen drei bundesweiten Bürgerräte wurden indes durch Stiftungsgelder finanziert.