Oberallgäu: 3 : 0 für Bürgerräte

02. September 2021

Im Wahlkreis Oberallgäu plädieren die Direktkandidaten von FDP, Grünen und SPD für losbasierte Bürgerräte. Beim Thema direkte Demokratie hingegen erweist sich der Liberale Stephan Thomae als aufgeschlossener als seine Mitbewerber Bandte und Holderied. Das wurde am Mittwochabend auf einer digitalen Podiumsdiskussion deutlich.

In einem Punkt waren sich Stephan Thomae (FDP), Pius Bandte (Grüne) und Martin Holderied (SPD) einig: Losbasierte Bürgerräte sind eine gute Sache. Beim Thema direkte Demokratie jedoch schieden sich die Geister der drei Direktkandidaten im Wahlkreis Oberallgäu. Die fortschrittlichsten Positionen nahm dabei der liberale Fraktionsvize Stephan Thomae ein: Er plädierte für Volksentscheide auf Bundesebene, während seine Mitdiskutanten von SPD und Grünen Bürgerentscheide auf kommunaler Ebene skeptisch beäugten. Die drei Politiker debattierten am Mittwochabend auf einer digitalen Podiumsdiskussion, zu der der Verein Mehr Demokratie e.V. geladen hatte.

Thomae: "Parlamentarismus muss gestärkt werden"

Für einen bundesweiten Bürgerrat werden 160 Bürger nach dem Zufallsprinzip bestimmt, sie treffen zusammen, sie beraten, sie werden beraten und unterbreiten der Politik dann Vorschläge zur Lösung eines konkreten Problems. „Ein ziemlich intelligentes Instrument“, befand Thomae. „Wir brauchen mehr Möglichkeiten der Einmischung. Unser Parlamentarismus ist nicht perfekt, aber gut und muss gestärkt werden“, so der FDP-Politiker. Neue Elemente sollten aber nicht dafür sorgen, dass das Parlament geschwächt wird.

„Wenn ich in den Bundestag gewählt werde, setze ich mich dafür ein, dass es für Länder und Kommunen einfacher wird, Bürgerräte vor Ort einzusetzen“, betonte der Grüne Pius Bandte. Bandte sprach sich auch für Bürgerräte auf Bundesebene aus. Letztlich müsse das Parlament über die Vorschläge entscheiden. Bei abgelehnten Empfehlungen sieht Bandte den Bundestag aber in der Pflicht, diese Entscheidung zu begründen.

Auch Sozialdemokrat Martin Holderied zeigte sich offen für losbasierte Bürgerräte. Wenn die SPD der nächsten Bundesregierung angehöre, „würde ich Bürgerräte anstoßen und ermöglichen.“ Holderied regte einen Bürgerrat zum Thema Klima an: „Wie sozial gerecht kann oder soll die Klimapolitik sein?“ Die Begründung des 31-Jährigen: Menschen in den Bundestags-Parteien seien „zu alt für diese Frage“.

Bundesweite Diskussionsreihe zu Bürgerräten

Die Debatte fand im Rahmen der bundesweiten „mittendrin mit Bürgerräten“-Reihe von Mehr Demokratie statt. Die Reihe wird getragen von von 40 zivilgesellschaftlichen Organisationen, darunter der Bund der Steuerzahler, der Deutsche Naturschutzring, der Deutsche Städte- und Gemeindebund, die Diakonie Deutschland und Brot für die Welt.  Mehr Demokratie wirbt für eine Modernisierung der Demokratie beispielsweise durch bundesweite Volksentscheide, ein neues Wahlrecht und eben auch losbasierte Bürgerräte. Die Aufzeichnung der heutigen Veranstaltung können Sie auf Youtube ansehen. Der Link: https://www.youtube.com/watch?v=YcPx8QbBk9s

Wähler-Mehrheit will Bürgerräte - auch im Wahlkreis

Sollten auf Bundesebene Bürgerräte verankert werden, in denen ausgeloste Bürgerinnen und Bürger Empfehlungen an die Politik ausarbeiten? In allen 299 deutschen Wahlkreisen bejaht eine Mehrheit diese Frage, meist mit absoluter, selten mit bloß einfacher Mehrheit. Auch im Wahlkreis Oberallgäu überwiegen die Befürworter: 55,7 Prozent sind dafür, 31,6 Prozent dagegen. Damit ist dieser Wahlkreis dezent bürgerrats-freundlicher als der durchschnittliche deutsche Wahlkreis. Das geht aus den Daten einer repräsentativen Umfrage des Markt- und Meinungsforschungs-Instituts Civey hervor, an der bundesweit über 20.000 Personen teilnahmen.

Bürgerrat: Ausgelost werden, beraten, empfehlen

Für einen bundesweiten Bürgerrat wird eine Gruppe von rund 160 Menschen ausgelost, die die Bevölkerung in ihrer ganzen Vielfalt abbildet. Der Bürgerrat trifft sich an mehreren Terminen und berät über eine politische Frage. Er hört sich die Meinungen von Fachleuten an, beschließt Empfehlungen und legt diese der Politik vor. Die letztliche Entscheidung treffen weiterhin die Parlamente. Denkbar ist aber auch eine Verknüpfung des Bürgerrats mit direkt-demokratischen Verfahren, also Bürger- respektive Volksentscheiden.

Bisher drei bundesweite Bürgerräte

Sie waren ein voller Erfolg: Die ersten drei bundesweiten Bürgerräte, organisiert oder begleitet vom Verein Mehr Demokratie und durch Spenden sowie Stiftungsgelder finanziert. Dabei ging es um Themen wie Deutschlands Rolle in der Welt, die Stärkung der Demokratie oder die deutsche Klimapolitik. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble fungierte einmal als Schirmherr. Sein Resümee: „Diese besondere Form der Beteiligung kann das Vertrauen in die Politik stärken und der repräsentativen Demokratie neue Impulse geben.“

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... und unserer Kampagne "mittendrin mit Bürgerräten" erfahren Sie hier: https://mittendrin.buergerrat.de